Nomade auf vier Kontinenten

Nomade auf vier Kontinenten
Nomade auf vier Kontinenten

"Nomade auf vier Kontinenten", Ilija Trojanow, Deutscher Taschenbuch Verlag 2008

 

Ilija Trojanow legt einen prallen und ausgesprochen unterhaltsamen Reisebericht vor. Dabei vollzieht er die Reisen Richard Francis Burtons nach, eines britischen Weltreisenden, Abenteurers und Schriftstellers des 19. Jahrhunderts. Diese Reise gestaltet sich als Jagd nach den Tagebüchern des Sir Richard Francis Burton, für die sich Ilija Trojanow sieben Jahre Zeit genommen hat.

 

Die Stationen der Reise sind Indien, Pakistan, Arabien, Ostafrika, Nordamerika und Triest in Italien. Ilija Trojanow reiht eine Episode an die nächste, wobei er seinen eigenen Bericht mit dem Burtons verwebt. Die Texte der beiden Autoren sind farblich voneinander abgesetzt: Trojanows Bericht ist schwarz, der Burtons grün gedruckt.

 

Beide Schriftsteller erzählen unvoreingenommen von Land und Leuten, wobei der Vergleich der bereisten Länder im 19. bzw. Ende des 20. Jahrhunderts faszinierend ist. Eine Vielzahl von Themen wird angesprochen: Kulturelle Eigenheiten und Mentalitäten der Einheimischen, Weltreligionen, Großwildjagd, Golf, Sex, Kolonialismus, Naturschutzgedanke, Verkehrsmittel usw. usf.

 

Im Zentrum der Erzählung steht die Beschreibung der Hadsch, der Pilgerreise nach Mekka und Medina, die beide Autoren mitgemacht haben. Trojanow überschreibt diesen Abschnitt mit einem langen Sinngedicht Burtons in englischer Sprache, einschließlich der deutschen Übersetzung von Menno Aden. Dies macht das Lesen etwas kompliziert, da der Text außerdem reichlich mit Fußnoten ausgestattet ist. Trojanow folgt damit dem Stil Burtons. Den Inhalt des Sinngedichts könnte man etwa mit "Pilgerreise des Lebens" überschreiben, da darin die grundsätzlichen Fragen menschlichen Lebens thematisiert werden.

 

Trojanows Reisebericht ist in geschliffener Sprache verfasst und spart nicht mit originellen Einfällen, was ihn zu einer anspruchsvollen und kurzweiligen Lektüre macht. Faszinierend, wie sich der Autor mit seinem "Forschungsobjekt" auseinandergesetzt hat; dies bringt dem Leser die Person Burtons nahe. Gleichzeitig lernt man den Autor Trojanow als ausgesprochen toleranten Weltbürger kennen. Das Buch ist mit einer Vielzahl an Bildern ausgestattet, darunter einige Zeichungen von Richard Fancis Burton selbst, was den Lesegenuss erhöht.

 

Mich persönlich hat ein Gedanke von Ilija Trojanow besonders verblüfft, den er in Zusammenhang mit Naturreservaten in Afrika äußert: Die Begründer dieser Reservate, wie z. B. Bernhard Grzimek, waren der Meinung, dass eine Gegend nur dann zum Tierparadies werden würde, wenn man die Menschen daraus vertreibt. Dies ist aber ein Irrtum, da die dort seit Jahrtausenden ansässigen Menschen wussten, wie sie nachhaltig mit ihrem Lebensraum umzugehen hatten. Ihre Vertreibung hat zu vielfältigen Problemen für das ganze Ökosystem geführt und war weder durchdacht noch sinnvoll.

 

Trojanow wirft viele solcher und ähnlicher Fragen auf, was sein nachdenkliches Buch spannend und anregend macht. Man freut sich auf mehr.

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