Die Eleganz des Igels

"Die Eleganz des Igels", Muriel Barbery, Deutscher Taschenbuch Verlag, 2008

"Die Eleganz des Igels" ist ein wunderbar poetischer Roman. Die Autorin Muriel Barbery ist Philosophin, und dementsprechend lässt sie ihre beiden Protagonistinnen, Renée Michel und Paloma Josse, ausgiebig philosophieren.

Renée Michel ist die unscheinbare, verwitwete, 54jährige Concierge in einem Haus in einem vornehmen Wohnviertel in Paris. Sie stammt aus einer armen Familie vom Land, ist hochintelligent und hat sich im Lauf der Jahre durch Lesen eine umfangreiche Allgemeinbildung angeeignet. Gleichzeitig bemüht sie sich darum, dies vor ihrer Umwelt zu verheimlichen und die bourgeoise Bewohnerschaft des Hauses in ihrem Vorurteil gegenüber der proletarischen Concierge zu bestärken.

Renée beobachtet die wohlhabenden Bewohner des Hauses wie unter dem Mikroskop und kommt dabei meist zu wenig schmeichelhaften Erkenntnissen, was den Standesdünkel und die Überheblichkeit dieser Menschen ihr gegenüber betrifft.

Die zweite Protagonistin heißt Paloma Josse und ist die 12jährige Tochter aus einer der wohlhabenden Familien des Hauses. Sie ist ebenfalls hochintelligent, ihres Lebens bereits überdrüssig und daher fest entschlossen, an ihrem 13. Geburtstag Selbstmord zu begehen.

Paloma beobachtet die Erwachsenen ebenfalls wie unter einem Mikroskop und kommt dabei zu unerfreulichen Beobachtungen, was das Erwachsensein betrifft. Dies führt sie zu dem Schluss, dass sich Erwachsensein nicht lohnt; daher der Gedanke an Selbstmord.

Paloma und Renée verbindet ein gemeinsames Interesse für die asiatische Kultur, speziell Japan, und so verwundert es nicht, dass es beide nicht gleichgültig lässt, als sich ein neuer Mitbewohner im Haus einquartiert, der Gentleman Kakuro Ozu aus Japan. Sein Erscheinen berührt die gesamte Hausgemeinschaft und ändert alles zunächst zum besseren. Nicht zuletzt schließen Renée und Paloma, die beiden Außenseiterinnen, Freundschaft.

Die Gedanken der beiden Frauen sind jeweils durch verschiedene Schriftarten kenntlich gemacht; es ist ein intellektueller Genuss, zu lesen, welche philosophischen Gedanken die Autorin den beiden jeweils in den Mund legt. Voller Esprit, ebenso heiter  und traurig wie das wahre Leben, entwickelt sie ihre Ansichten über die Klassenschranken, das Altern, die Kunst, die Schönheit... Über den Sinn des Lebens. Ein Buch voller Weisheit und Poesie, das als wahren Sinn menschlichen Lebens die kurzen Augenblicke ausmacht, in denen die Ewigkeit in den Verlauf der Zeit einbricht, und die uns z. B. die Kunst manchmal vermitteln kann. Der Roman besticht durch die Verwebung des Heiteren mit dem Tristen - ein Spiegel der Realität.