Teufelsmühle

Teufelsmühle
Teufelsmühle

"Teufelsmühle", Mani Beckmann, 2006, Bastei Lübbe

 

"Teufelsmühle" ist ein historischer Roman, der zwei Handlungsstränge hat. Schauplatz beider Erzählungen ist die Stadt Ahlbeck im Münsterland, nahe der holländischen Grenze, bzw. die nähere Umgebung, ein Moorgebiet, in dem die besagte Mühle angesiedelt ist.

 

Handlung 1 spielt im 16. Jahrhundert, wobei es im wesentlichen um die Feindschaft zweier Familien geht, der armen Vortkamps und der wohlhabenden Gerwings. Der alkoholkranke Geert Vortkamp ist vom Müller zum Schäfer abgestiegen und vernachlässigt seinen aufgeweckten zehnjährigen Sohn Ambros, der der Protagonist der Erzählung im 16. Jahrhundert ist. Lubbert Gerwing ist der Schulze am Ort; Geert Vortkamp steht in seiner Schuld und ist von ihm abhängig.

 

In die Verstrickungen der beiden Familien webt sich die Geschichte der Wiedertäufer, einer reformatorischen Konfession, die damals in Münster aktiv war. Der Roman gibt einen faszinierenden Einblick in das Weltbild dieser Konfession, welche die Kindertaufe ablehnte, und erzählt, wie die Wiedertäufer damals von den konservativen Kirchenkreisen bekämpft und unterdrückt wurden.

 

Handlung 2 begibt sich im 19. Jahrhundert; ein Nachfahre der Vortkamps, der junge Hermann, reist nach Ahlbeck, um dort als frischgebackener Altertumsforscher Ausgrabungen vorzunehmen. Da er nicht in der Gegend aufgewachsen ist, ist er nicht mit den Verhältnissen vertraut und erkundet erst nach und nach seine Wurzeln. Dabei ist ihm sein geheimnisvoller Großonkel Johann, der einsam im Moor lebt und geistseherisch veranlagt ist, zunächst wenig hilfreich; aber allmählich kommen sich die beiden Verwandten näher. Auch die Nachfahren der Gerwings sind noch am Ort, immer noch wohlhabend und, wie gehabt, nicht gut auf Vortkamps zu sprechen. Allerdings verliebt sich nun Hermann Vortkamp ausgerechnet in die jüngste Tochter des Schulzen Antonius Gerwing, Lisbeth...

 

Mani Beckmann verwebt die beiden Erzählungen elegant miteinander. Die Geheimnisse, die die erste Handlung aufwirft, werden teilweise in der zweiten Geschichte gelöst. Der Autor setzt eine Fülle von Stilmitteln ein, arbeitet mit Rückblenden, gestaltet die Handlung teilweise als Brief oder als Tagebuch, was den Roman sehr lebendig macht. Vor allem führt er eine Vielzahl von Personen ein, welche recht genau charakterisiert werden. Die Geschichten wimmeln nur so von Motiven wie Geheimgängen, Hünengräbern, Gespenstern, geheimen Zeichen und Inschriften usw. Die nächtliche Erscheinung eines Geisterpferdes im Moor mag man als Reminiszenz an Theodor Storms "Schimmelreiter" deuten. Allerdings sind die Szenen im Moor trotzdem nicht so gruselig geraten, wie vielleicht vom Autor gewünscht. Dafür hat er ausgezeichnet herausgearbeitet, wie sich die Mentalitäten der Menschen im Deutschland des 16. und 19. Jahrhunderts unterschieden: Die ersteren werden als recht abergläubisch, derb und ungehobelt dargestellt, aber keineswegs so übertrieben grausam und brutal, wie man es von vielen anderen historischen Romanen kennt. Letztere zeigen sich eher als gebildet, fortschrittsgläubig und teils romantisch (vor allem das Liebespaar), wie es wohl dem 19. Jahrhundert tatsächlich entsprach.

 

"Teufelsmühle" ist sehr lebendig geschrieben und durchaus spannend; wer sich von einer äußerst verwickelten Handlung gut unterhalten fühlt, liegt mit diesem Buch richtig. Allerdings könnte die Vielzahl an Charakteren und die große Ausführlichkeit so mancher Beschreibung auf den Leser ermüdend wirken. Es ist schade, dass Mani Beckmann das Schicksal von Ambros' verschwundener Mutter, Euphemia, nicht aufklärt, aber eventuell will er auf diesem Rätsel eine Fortsetzung des Romanes aufbauen. An guten Einfällen für eine neue Geschichte mangelt es ihm bestimmt nicht.

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