Ungezürnt

Ungezürnt
Ungezürnt

"Ungezürnt", Ursula Krechel, 1997, Suhrkamp Verlag

 

Ursula Krechels Lyrik ist ein ausgesprochener Genuss, wenn auch mit großer Aufmerksamkeit zu lesen. Ihre Gedichte sollte man nicht nebenbei konsumieren wie einen Unterhaltungsroman, sondern ihnen die gebührende Aufmerksamkeit zukommen lassen.

 

Die Gedichte in "Ungezürnt" berühren den Leser unmittelbar durch ihre moderne und originelle Sprache. Ursula Krechel thematisiert z. B. die Befindlichkeit im Nachkriegsdeutschland. Es geht um ihre Jugend, ihre Beziehungen, ihren Entwicklungsprozess, um Feminismus, um Politik. Eindrucksvoll, wieviel die Verfasserin auf subtile Weise von sich selbst preisgibt, ohne sich unangenehme Blößen zu geben, wie man das heutzutage bei so vielen modernen Schriftstellern erleben kann.

 

Ursula Krechel ist ganz offensichtlich eine genaue Beobachterin, die es meisterhaft beherrscht, das, was sie sieht und empfindet, in Sprache umzusetzen. Ihr Stil ist ungemein kreativ und so phantasievoll, dass beim Leser sofort Bilder - farbige Bilder - vor dem inneren Auge entstehen. Aus meiner Sicht ist dieser anregende Effekt durch eine Prosa nicht zu erreichen, sondern bedarf der lyrischen Verdichtung. Die Wirkung ist dann noch intensiver als beispielsweise beim Hören eines Musikstücks oder beim Betrachten eines Bildes.

 

Die Gedichte berühren eine große Bandbreite menschlicher Empfindungen, sie sind teils nachdenklich, teils amüsant. Sie können und dürfen mehrmals gelesen werden, um sie in der ganzen Tiefe ihrer Bedeutungen auszuschöpfen.

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