Im römischen Regen

Im römischen Regen
Im römischen Regen

"Im römischen Regen", Robert Harrison, 1995, Carl Hanser Verlag

 

Wie der Titel von "Im römischen Regen" bereits vermuten lässt, ereignet sich die Handlung des Buches in Rom. Der Regen ist für Robert Harrison eine Metapher für die Inspiration. Seine Protagonisten sind der jüngere Ich-Erzähler Leonard Ash, der in Rom Literatur studiert, und der ältere Owler, ein geheimnisvoller Mann ungewisser Herkunft. Beide treffen sich von Zeit zu Zeit, um philosophische Gespräche zu führen. Die Ansatzpunkte für ihre Gesprächsthemen sind dabei völlig alltägliche Dinge.

 

Bei den Gesprächen der beiden fühlte ich mich zunächst an die Herren Settembrini und Naphta aus Thomas Manns Zauberberg erinnert, die seitenweise hingebungsvoll philosophieren. Später drängte sich mir eindeutig das Motiv Faust bzw. Mephisto auf, da der mysteriöse Owler ganz offensichtlich etwas Unterweltliches an sich hat und sich als eine Art Zeitreisender oder Unsterblicher präsentiert. Ohne Zweifel thematisiert dieses nachdenkliche Buch eine Reihe von interessanten Gedanken und befasst sich im Grunde, wie bei einem philosophischen Werk erwartet werden darf, mit dem Sinn des Lebens. Für mich hat sich als zentraler Gedanke die Eigenverantwortlichkeit des Menschen herauskristallisiert, der das Wesentliche aus sich selbst schöpfen muss, anstatt die Erlösung von außen zu erwarten.

 

Da Robert Harrison Literaturprofessor ist, hat er sein Buch in einer poetischen Sprache, reich an Metaphern, geschrieben. Außerdem schmückt sich "Im römischen Regen" mit einer Anzahl von Zitaten berühmter Schriftsteller. Offensichtlich kennt sich der Verfasser in Rom gut aus und lässt eine Vielzahl römischer Schauplätze lebendig werden. Die Idee mit dem Dialog der beiden Protagonisten gefällt mir gut; trotzdem hat "Im römischen Regen" keinen nachhaltigen Eindruck bei mir hinterlassen. Vielleicht erschließt sich das Buch erst nach mehrmaligem Lesen.

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