Mutter Teresa

Komm, sei mein Licht
Komm, sei mein Licht

"Komm, sei mein Licht", Mutter Teresa, herausgegeben und kommentiert von Brian Kolodiejchuk MC, 2010, Knaur Taschenbuch Verlag

 

"Komm, sei mein Licht" erzählt die Lebensgeschichte der Friedensnobelpreisträgerin und Gründerin des Ordens der Missionaries of Charity, Mutter Teresa. Das Buch besteht zum großen Teil aus Briefen, die Mutter Teresa im Lauf ihres Lebens an verschiedene Geistliche geschrieben hat. Die Briefe wurden von Brian Kolodiejchuk zusammengestellt und kommentiert, einem Vertrauten Mutter Teresas und ebenfalls Mitglied der Missionaries of Charity. 

 

Das Buch stellt dar, wie Mutter Teresa ihre Berufung erfahren hat, den Orden der Missionaries of Charity zu gründen, und wie sie dies umgesetzt hat, anfänglich in Kalkutta, später weltweit. Ihre Briefe sind ein eindrucksvolles Selbstzeugnis ihrer Demut, ihres Glaubens und ihre Nächstenliebe, die sie in einer lebenslangen aufopferungsvollen Hingabe für die Armen gelebt hat.

 

Aus ihren Briefen geht allerdings vor allem hervor, dass Mutter Teresa ab dem Moment ihrer Ordensgründung unter einer lebenslangen Glaubenskrise gelitten hat. Obwohl äußerlich stets allen gegenüber fröhlich und liebevoll, war sie von innerer Leere und Dunkelheit erfüllt. Ja, sie zweifelte sogar zeitweise an der Existenz Gottes. Dies ist um so erschütternder, wenn man bedenkt, wie intensiv sie sich bemühte, ein Leben christlicher Nächstenliebe und tiefer Gläubigkeit zu führen. Ihr Gehorsam und ihre Selbstaufopferung waren geradezu unvorstellbar.

 

Obwohl dieses Ausmaß an Selbstaufgabe ungeheuer bewundernswert ist, beschleicht den Durchschnittsmenschen bei der Lektüre ein mulmiges Gefühl. Abgesehen davon, dass er sich nie zu diesem Grad an Heiligkeit aufschwingen kann, fragt er sich, ob es denn normal und gesund sein kann, sein Leben lang mit solcher Hartnäckigkeit den einmal eingeschlagenen Weg zu vefolgen. Bei einem weltlichen Weg besteht die Möglichkeit, die Richtung zu ändern; der Weg des christlichen Glaubens erlaubt dies nicht.

 

Bei Mutter Teresa hat dieses hartnäckige Beharren zu einer inneren Anspannung geführt; die Symptome würde man heute vermutlich als Depression oder Burnout deuten. Man fragt sich nach der Verantwortung von Mutter Teresas Seelsorgern; anstatt ihren Seelenzustand als gottgewollt hinzunehmen, hätten diese sie wohl mehr unterstützen müssen. Die Sinnhaftigkeit ihres grandiosen und vorbildlichen caritativen Werkes soll natürlich in keiner Weise in Abrede gestellt werden; es stellt sich jedoch die Frage, ob ihre Lebensaufgabe wirklich nur um den Preis totaler Selbstverleugnung zu erfüllen war.

 

Es fällt angenehm auf, mit welch großem Respekt und mit wieviel Einfühlungsvermögen der Kommentator über Mutter Teresa berichtet. Trotzdem ist "Komm, sei mein Licht" ein zwar faszinierendes, aber insgesamt sehr beunruhigendes Buch.

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