Vom Mitgefühl der Tiere

Vom Mitgefühl der Tiere
Vom Mitgefühl der Tiere

"Vom Mitgefühl der Tiere", Marc Bekoff, Jessica Pierce, 2011, Kosmos Verlag

 

"Vom Mitgefühl der Tiere" ist ein Beispiel dafür, wie man über ein ausgesprochen interessantes Thema ein extrem langweiliges Buch schreiben kann. Die Autoren versuchen darzustellen, dass nicht nur der Mensch, sondern auch Tiere über Gefühle verfügen und Verhaltensweisen wie Empathie, Kooperation und Gerechtigkeit zeigen. Diese drei Komponenten halten die Autoren für die Grundlage moralischen Verhaltens. Sie postulieren also, dass Tiere über Moral verfügen. Dies trifft explizit für hoch entwickelte, sozial lebende Säugetiere zu.

 

So spannend und zeitgemäß dieser moderne Ansatz auch sein mag, hat er die Autoren leider nicht dazu veranlasst, ein ebenso spannendes Buch zu schreiben. Gleich zu Beginn zählen sie eine Reihe von Beispielen moralischen Verhaltens im Tierreich auf, und als Leser erwartet man, dass es nun so weiter geht und dass die Theorie der Autoren anhand von mehr Beispielen erklärt wird. Allerdings folgen nun fast keine neuen Beispiele mehr, sondern der Rest des Buches ist rein theoretisch gehalten, in recht trockenem, akademischen Stil. Man meint, ein Schulbuch in Händen zu halten.

 

Wirklich ärgerlich ist, dass sich die Verfasser außerdem ständig wiederholen: Die wenigen Beispiele aus der Tierwelt, die am Anfang erzählt werden, kommen im Buch immer wieder vor. Ja, der Schluss des Buches rekapituliert wortwörtlich den Anfang, was als wenig originell empfunden wird. Offensichtlich fürchten sich die Autoren sehr davor, ins Anekdotische zu verfallen, was als unwissenschaftlich gilt, und sind deshalb so sparsam mit Beispielen für moralisches Verhalten im Tierreich. Andererseits muten sie dem Leser die Beschreibung eines Experiments zu, bei dem eine Ratte dabei zuschauen muss, wie eine andere Ratte geköpft (!) wird. Sinn und Zweck solcher Experimente sind mehr als zweifelhaft, und man fragt sich, ob die Versuchstiere nicht etwa auf einem höheren moralischen Niveau stehen als die Experimentatoren. Mitfühlendes Verhalten von Tieren kann auch ohne solch sadistischen Versuche erforscht werden.

 

Die Verfasser glänzen außerdem mit einer Vielzahl von Fremdwörtern, was ansich kein Problem ist, da sie ja bei Nichtwissen leicht nachgeschlagen werden können. Allerdings hört es mit der Allgemeinverständlichkeit dann auf, wenn dem Leser ein Wort wie "Haupthistokompatibilitätskomplex" ohne Erklärung präsentiert wird. Auch kann man sich nicht aus dem Zusammenhang erschließen, was damit gemeint ist. Dann fällt auch noch auf, dass die Absätze ständig übergangslos und ohne Überleitung aneinandergereiht sind, was das Verständnis der Zusammenhänge erschwert.

 

Jeder, der schon einmal mit höher entwickelten, sozialen Tieren zu tun gehabt hat, hat bestimmt festgestellt, dass sie über ähnliche Empfindungen verfügen wie wir, und dass der Mensch keineswegs weit über den Tieren steht, wie er so gerne von sich selbst annimmt. Mensch und Tier sind das Ergebnis ein und desselben Entwicklungsprozesses. Dankenswerterweise versuchen die Autoren, diese Tatsachen zu untermauern, was ihnen wirklich sehr hoch anzurechnen ist, aber die Art und Weise, wie sie dies tun, bringt einfach kein Lesevergnügen. Ein populärwissenschaftliches Buch stellt man sich anders vor.

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