Die Seele der Natur

Die Seele der Natur
Die Seele der Natur

"Die Seele der Natur", Michael Wachtler, 2006, Verlag ATHESIA Spectrum - Ferrari-Auer GmbH

 

Dieses Buch ist von der Aufmachung her sehr schön und ansprechend. Inhaltlich ist es etwas merkwürdig. Michael Wachtler versucht darzustellen, dass Tiere, Pflanzen und Steine, oder eigentlich die gesamte Natur, beseelt sind. Dabei bezieht er sich vor allem auf die Alpenregion, seine Heimat. Er erzählt von vielen dort ansässigen Menschen, die noch im Einklang mit der Natur leben bzw. lebten und die einen besonderen Zugang zu allen Naturphänomenen haben bzw. hatten. Die unterschiedlichen Schicksale sind wirklich sehr interessant. Es ist beeindruckend, unter welch harten Bedingungen die Bergbewohner schon immer ihr Leben meisterten und wie arm sie waren. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass immer weniger Menschen dazu bereit sind, wie ihre Vorfahren zu leben und die Härten eines naturnahen Lebens auf sich zu nehmen. Der Verfasser ist eindeutig ein Verfechter des Lebens mit der Natur; das Leben in der Stadt und die Entfremdung von der natürlichen Umwelt kritisiert er immer wieder mit harten Worten. Andererseits betont er ständig, wie beglückend es ist, sich in der Natur zu bewegen und dabei in einen nahen Kontakt zu allem Beseelten zu kommen. Er weckt ständig die Erwartung, dass sogleich erklärt wird, wie man sich dieses Verschmelzen mit der Natur denn vorzustellen habe. Dann wiederholt er allerdings permanent, dass man dies nicht erklären könne. Jeder einzelne müsse die Erfahrung für sich selbst machen. Das ist dann doch ziemlich enttäuschend.

 

Außerdem fällt es in manchen Kapiteln schwer, die wahre Naturverbundenheit der beschriebenen Personen nachzuvollziehen. Wenn der Autor z. B. von einem Bergbewohner schreibt, der einen Adler mit dem Schlageisen (!) fängt und den noch lebenden Vogel mit einem Nagel durch den Kopf fixiert, um ihn dafür zu „bestrafen“, dass er ein Rehkitz geschlagen hat, hört das Verständnis schnell auf. Es würde von wesentlich mehr Einfühlungsvermögen sprechen, wenn der Mensch begreifen würde, dass der Vogel kein Unrechtsbewusstsein hat und es insofern sinnlos ist, ihn zu bestrafen. Die beschriebene Situation ist einfach nur eine sinnlose Grausamkeit, die nichts mit Naturverbundenheit zu tun hat. Das Buch beschreibt noch mehrere ähnliche Ereignisse. Überhaupt scheint der Verfasser ein großes Herz für Wilderer zu haben. Angesichts der Ressourcenarmut in den Alpen ist es durchaus verständlich, dass sich die Menschen in früheren Zeiten etwas zu essen aus den Wäldern holten und anders gar nicht überleben konnten, aber in der heutigen Zeit sollte dies wohl nicht mehr notwendig sein.

 

Stilistisch ist das Buch außerordentlich pathetisch geraten. Außerdem schwankt der Verfasser dauernd zwischen zwei Extremen: Die Bergwelt wird abwechselnd als liebevolle Beschützerin und als schreckliche Bedrohung des Menschen dargestellt, was ziemlich verwirrend ist. Nebenbei tauchen frauenfeindliche Äußerungen auf. Michael Wachtler wollte den tapferen Bewohnern der Alpen ein Denkmal setzen, was ehrenhaft ist, aber seine ständige weltfremde Zivilisationskritik verleidet einem die Lust am Lesen dieses Buches.

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