Falsche Bilder Echtes Geld

Falsche Bilder Echtes Geld
Falsche Bilder Echtes Geld

"Falsche Bilder Echtes Geld", Stefan Koldehoff, Tobias Timm, 2012, Verlag Galiani Berlin

 

Die beiden Autoren beleuchten in diesem Buch die kriminellen Machenschaften des Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi und erklären dabei die Mechanismen, die den Kunstmarkt beherrschen. Dieser Einblick in den Kunstmarkt ist für den Laien sehr interessant. Es handelt sich um ein hoch komplexes System, das sogar für Insider schwer durchschaubar ist. Man kann nur staunen, welche riesigen Geldsummen beim Handel mit Kunstwerken den Besitzer wechseln. Insofern wundert es kaum, dass sich dabei Menschen auf illegale Weise zu bereichern versuchen. Zumal es ihnen der Kunstmarkt wirklich leicht macht, wie die Autoren anschaulich darstellen. Es bestehen nämlich keine offiziellen Regelungen darüber, wie gründlich ein Kunstwerk durch Experten begutachtet werden muss, um seine Echtheit zu beweisen. Das führt dazu, dass manche Kunsthistoriker sich diese Aufgabe zu leicht machen und Kunstwerke als echt deklarieren, obwohl berechtigte Zweifel daran bestehen. Dies ist oft auf eine zu hohe Selbsteinschätzung des eigenen Expertenwissens zurückzuführen, hat aber auch damit zu tun, dass Gutachter selbst finanziell vom Weiterverkauf der von ihnen beurteilten Kunstwerke profitieren: Häufig dient es einfach ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse, ein Bild für echt zu erklären. Dazu kommt, dass der Kunstmarkt traditionell äußerst diskret ist und Informationen über Käufer bzw. Verkäufer grundsätzlich geheim hält, was es geschickten Kunstfälschern einfach macht, dort zu agieren und es gleichzeitig erschwert, sie zu entlarven.

 

So gelang es Wolfgang Beltracchi, mindestens drei Jahrzehnte lang unbehelligt selbst gemalte Bilder in den Kunstmarkt einzuschleusen und als Werke bekannter Maler der Moderne auszugeben. Die Autoren zeigen anschaulich, wie leicht es ihm immer wieder gemacht wurde, obwohl oft durchaus Zweifel an der Echtheit bestanden. Aber immer wieder schien die Geldgier das Bedürfnis nach Wahrhaftigkeit zu überwiegen, so dass Beltracchi unglaublich lange sein betrügerisches Unwesen treiben konnte – zusammen mit seinen Komplizen. Die Autoren betonen, wie glimpflich der inzwischen verurteilte Beltracchi davon gekommen ist, der nur für einen Bruchteil seiner Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wurde. Seine Taten wurden fast als Kavaliersdelikte beschönigt, was angesichts des riesigen von ihm verursachten wirtschaftlichen Schadens unangemessen ist. Sehr viele Personen wurden durch ihn geschädigt, nicht zuletzt der Ruf der betroffenen Maler selbst, da deren Werk nun von Fälschungen geradezu verseucht ist. Und niemand weiß, wie viele Fälschungen von Beltracchi noch im Umlauf sind. Dabei gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, Kunstfälschern schnell auf die Schliche zu kommen. Aus Sicht der Autoren wäre es z. B. wichtig, Kunstwerke grundsätzlich durch Fachlabors chemisch und physikalisch untersuchen zu lassen. Sie schlagen standardisierte Verfahren zur Begutachtung vor, die durch ganze Experten-Gremien durchgeführt werden sollten anstatt von Einzelpersonen. Und finanzielle Interessen der Gutachter müssen natürlich ausgeschlossen werden.

 

Den Autoren ist anzumerken, wie empört sie über die Beltracchi-Affäre sind, was man vor allem in dem Kapitel über die Gerichtsverhandlung bemerkt. Sie haben sorgfältig recherchiert und sich gründlich in das komplexe Thema eingearbeitet, was zu einem engagierten Enthüllungsbuch geführt hat. Leider ist es trotzdem etwas trocken und weist ein paar Redundanzen auf. Spannende Lektüre, wenn auch nicht so spannend wie ein Krimi, wie vom Klappentext versprochen.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0