Mathias Bichler

Mathias Bichler
Mathias Bichler

"Mathias Bichler", Lena Christ, 2012, Allitera Verlag

 

Leser, die etwas für die bayerische Sprache und bayerische Lebensart übrig haben, liegen hier richtig. Lena Christ lässt in ihrem Roman den Mathias Bichler seine Lebensgeschichte erzählen, der als Waise in einem bayerischen Dorf als Hütebub aufwächst. Durch widrige Umstände kann er nicht in seinem Heimatdorf bleiben. Er zieht in die Fremde und wird von seiner Jugendliebe, Kathrein, getrennt. Er arbeitet als Schnitzer und Gehilfe eines Votivbildmalers und wandert zuerst mit einer Schauspieltruppe, dann mit Handwerksgesellen durch die Lande. Dabei lernt er viele Gegenden Bayerns und Österreichs kennen. Nach vielen Abenteuern gelangt er nach München. Dort kann er sich als Fassmaler und endlich als selbständiger Holzschnitzer etablieren.

 

Die Erzählung ereignet sich im 19. Jahrhundert und stellt anschaulich dar, wie die Menschen zur damaligen Zeit im süddeutschen Raum bzw. in Österreich lebten. Die Härten des Landlebens werden ebenso gezeigt wie die Verwurzelung im katholischen Glauben und die damit verbundenen Traditionen. So werden z. B. damalige Hochzeitsbräuche beschrieben, typische Speisen oder die Bekleidung, die früher üblich war. Auch die politische Lage wird am Rande angesprochen. Die Dialoge werden in altbayerischer Mundart geführt, so dass sich der Leser tief in die Sprache einfühlen kann. Lena Christ hat ihren Helden Mathias ihrem geliebten Großvater nachempfunden, der vielleicht ein ebenso abenteuerliches Leben geführt hat. Mathias Bichler durchlebt große Höhen und Tiefen, und auch hier wird, wie so oft, die Zwiespältigkeit der menschlichen Natur gezeigt, da der Held sich sowohl mit gütigen, hilfsbereiten Menschen als auch mit Übeltätern auseinandersetzen muss. „Mathias Bichler“ ist ein sehr lebendiger und interessanter Roman. Lena Christ war eine Sprachkünstlerin. Ihre Könnerschaft zeigt sich darin, wie exakt sie scheinbare Kleinigkeiten darstellte und wie treffend sie ihre Heimat und die Menschen beschrieb. Zwar ist der Protagonist ein Junge bzw. ein Mann, zeigt aber oft recht weibliche Charakterzüge, was einem beim Lesen manches Lächeln entlockt. Es ist nicht zu verbergen, dass der Held von einer Frau erdacht wurde. Mit diesem Buch hat Lena Christ ihrer altbayerischen Heimat und Sprache ein würdiges Denkmal gesetzt.

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