Vom Verstummen der Welt

Vom Verstummen der Welt
Vom Verstummen der Welt

"Vom Verstummen der Welt", Marcel Robischon, 2012, oekom München

 

Zweifellos ist die Absicht Marcel Robischons, auf das Artensterben aufmerksam zu machen, sehr lobenswert. Die Art und Weise, wie er dies tut, ist allerdings gewöhnungsbedürftig. Robischons Buch besteht im Wesentlichen aus einer Auflistung von ausgerotteten Tier- und Pflanzenarten, wobei grundsätzlich der lateinische Gattungs- und Artname mit genannt wird. Dies wäre in einem populärwissenschaftlichen Buch nicht unbedingt nötig und erschwert das Lesen. Es entsteht der Eindruck, dass sich der Autor damit profilieren will, genauso wie mit seinen autobiografischen Einsprengseln. Der Leser soll ja schließlich wissen, an wie vielen verschiedenen Orten Robischon studiert hat. Das eigentliche Thema des Buches ist der rasante aktuelle Artenschwund, wobei an unzähligen Beispielen dargestellt wird, dass immer wieder der Mensch auf die verschiedenste Weise am Aussterben von Pflanzen oder Tieren Schuld ist. Eine Sünde, die der Mensch immer und immer wieder begangen hat, besteht darin, Spezies in Lebensräume einzuschleppen, wo sie nicht hin gehören. Das Ökosystem dort ist oft so zerbrechlich, dass es den plötzlichen Übergriff durch robuste Allerweltsarten nicht verkraftet. So kam es dazu, dass durch den Einfluss des Menschen schon erschreckend viele Spezies vernichtet wurden, ein Prozess, der bis zum heutigen Tag anhält. Allein schon durch die Fülle an Beispielen wird der Leser drastisch auf diesen Tatbestand aufmerksam gemacht, und darauf, welch unwiederbringlicher Verlust dies für uns und unsere Kultur ist. Zweifellos wird diese hausgemachte Verarmung der Umwelt auf uns zurückfallen.

 

Wenn man dem umfangreichen Quellenverzeichnis glauben darf, hat der Autor mit wahrem Bienenfleiß Fälle von ausgerotteten Spezies zusammengetragen, was sehr verdienstvoll ist. Ohne Zweifel gelingt es ihm, den Leser aufzurütteln. Wenn man an die Vielzahl ausgelöschter Arten denkt, wird man wirklich todtraurig, sofern man für das Thema sensibilisiert ist. Dieser Effekt wird allerdings teilweise wieder abgeschwächt durch den Schreibstil Marcel Robischons. Er glänzt mit zahlreichen Fremdwörtern, was überflüssig ist und den Lesefluss stört. Das gleiche gilt für seine poetischen Ambitionen, die er stellenweise auslebt. Die Absicht ist offensichtlich: Robischon will eine interdisziplinäre Brücke zwischen Naturwissenschaften und der schöngeistigen Welt, und überhaupt zwischen allem, bauen. Dabei tut er aber des Guten zu viel und erschwert dadurch das Verständnis. So wird „Vom Verstummen der Welt“ zu einem gut gemeinten Buch, das aber mit Selbstdarstellung und Wortgeklingel überladen ist.

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