Wem die Stunde schlägt

Wem die Stunde schlägt
Wem die Stunde schlägt

"Wem die Stunde schlägt", Ernest Hemingway, 2012, Fischer Taschenbuch Verlag

 

Ernest Hemingways grandioser Klassiker stellt den Spanischen Bürgerkrieg erschreckend realistisch dar. Er beschreibt drei Tage aus dem Leben einer Gruppe von Partisanen, die sich im Gebirge verschanzt haben und gegen die Faschisten kämpfen. Diese „Guerilleros“ bekommen Verstärkung durch den US-Amerikaner Robert Jordan. Er hat den Befehl, eine Brücke in die Luft zu sprengen. Die drei Tage der Vorbereitung auf dieses Ereignis und die Sprengung als Höhepunkt werden von Hemingway minutiös beschrieben. Robert Jordan trifft bei den Freischärlern die junge Spanierin Maria. Die beiden verlieben sich sofort ineinander und erleben eine leidenschaftliche Liebe. Die Partisanen werden von einer Frau angeführt, der energischen, nicht mehr ganz jungen Pilar. Mit dieser Gestalt hat Hemingway einen besonders eindrucksvollen Charakter geschaffen. Hemingway ist es hoch anzurechnen, dass er in seinem Roman eine Frau so gut wegkommen lässt. Zwar ist sie nicht schön und auch recht derb, aber stark, mutig, lebensklug und warmherzig. Sie ist eine begnadete Erzählerin und schildert eine erschütternde Begebenheit, in der ihr Lebensgefährte Pablo eine grausame Rolle spielte: Er veranlasste das Gemetzel an gefangenen Faschisten durch die Partisanen. Diese erschütternde Beschreibung ist exemplarisch für die Sinnlosigkeit des Bruderkrieges, eine Aussage, die sich durch das ganze Buch zieht. Je mehr man über die Gräuel des Bürgerkriegs liest, desto stärker zweifelt man am Sinn jeglichen Krieges. Ganz klar war es die Absicht Hemingways, dem Leser vor Augen zu führen, was sich Menschen im Krieg gegenseitig Entsetzliches antun. Der erschreckende Realismus seiner Erzählung zeigt, dass er, selbst Kriegsberichterstatter, wusste, wovon er schrieb. Obwohl man als Leser an der Grausamkeit des Krieges verzweifeln möchte, kann man sich ohne weiteres in die Motive Robert Jordans und seiner Partisanen einfühlen: Sie kämpfen für eine freiheitliche Weltordnung und sehen im Kampf die einzige Möglichkeit, ihre Rechte zu verteidigen. Die Gedanken des Helden Robert Jordans werden als innere Monologe dargestellt und offenbaren sich anschaulich dem Leser. Auch bei vielen anderen Nebenpersonen werden die Gedanken und Gefühle eindrucksvoll gezeigt. Dadurch kommt der entsetzliche Gegensatz besonders stark zum Ausdruck, dass jeder Mensch sich selbst wichtig nimmt, für seine Feinde jedoch allenfalls der Vernichtung wert ist. Die Sprache Ernest Hemingways besticht durch ihre Klarheit und Einfachheit, die Naturbeschreibungen sind Zeugnis seiner ausgezeichneten Beobachtungsgabe. Der Konflikt zwischen Robert Jordan und seinem Gegenspieler, dem undurchsichtigen Partisanen Pablo, geben der Erzählung zusätzliche Würze. Ernest Hemingway wusste, wie man ein aufwühlendes und packendes Buch schreibt. Er stellte glaubwürdig dar, wie sich Menschen im Angesicht des Todes fühlen.

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