Selbst ist der Mensch

Selbst ist der Mensch
Selbst ist der Mensch

"Selbst ist der Mensch", Antonio Damasio, 2010, Büchergilde Gutenberg

 

 

In diesem anspruchsvollen Buch gibt sich Antonio Damasio auf 330 Seiten redliche Mühe, dem Leser die Entstehung des Bewusstseins im Gehirn zu erklären. Trotzdem ist man nach der Lektüre nicht wesentlich klüger als vorher. Wie Antonio Damasio selbst am Schluss zugibt, ist die Entstehung auch nur einfacher geistiger Phänomene vorläufig noch schwer erklärbar. Schade, dass der Autor eine Beschreibung der Gehirnareale erst an das Ende seines Buches gestellt hat, als ob es ihm erst nachträglich eingefallen wäre, wie interessant dies für den Leser sein könnte. Wir lernen, dass Gehirne aus Neuronen bestehen, wie diese aufgebaut sind und dass sie auf komplexe Weise zusammenarbeiten. Ein Gehirn erhält sowohl aus der Außenwelt als auch aus dem eigenen Körper laufend Informationen und erzeugt so ständig Bilder, vorausgesetzt, es handelt sich um ein Gehirn einer gewissen Komplexität. Der Autor bezeichnet diese Bilder auch als Karten, zu deren Erzeugung die Neuronen hoch komplexe Schaltkreise bilden. Diese Bilder oder Karten bezeichnet der Autor als Geist; die nächste Stufe der psychischen Entwicklung besteht dann darin, dass das Gehirn diese Bilder auch abspeichern und erinnern kann (autobiografisches Gedächtnis) bzw. sich ein in der Zukunft liegendes Ereignis vorstellen kann. Dieser Entwicklungsschritt wäre dann laut Damasio als die Entstehung des Bewusstseins zu deuten. Wie ein Gehirn nun aber genau dieses Bewusstsein erzeugt, bleibt schwer verständlich. Antonio Damasio bedient sich einer geschliffenen Gelehrten-Sprache, die das Verständnis für den durchschnittlich gebildeten Normalverbraucher, der nicht so tief in das Forschungsgebiet der Neurowissenschaft eingearbeitet ist, nicht ganz einfach macht. Mit anderen Worten, es handelt sich hier nicht unbedingt um ein populärwissenschaftliches Buch, um so mehr, dass Damasio leider auch wenige Beispiele anführt. Dies würde das Verständnis vermutlich erleichtern. Der Klappentext von „Selbst ist der Mensch“ verspricht, Damasio würde die Entstehung des Bewusstseins „fundiert und äußerst unterhaltsam“ erklären. Fundiert: ja, äußerst unterhaltsam: nein. Mit Sicherheit hat Antonio Damasio hier den aktuellen Stand der Gehirnforschung mit großer Genauigkeit wiedergegeben, was anzuerkennen ist, aber ein Lesevergnügen findet man hier nicht unbedingt.

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